Humboldt-Universität zu Berlin – Institut für Kulturwissenschaft
Programm der Ringvorlesung, 2018.
Fünfzig Jahre Theorie
Ringvorlesung im Wintersemester 2018/2019
Fünfzig Jahre, nachdem die Generation der Achtundsechziger sie vom Seminarraum auf die Straße brachte, befindet sich Theorie heute in einer Phase der Reflexion und der Selbstverständigung. Theorieeinsatz bildete lange Zeit den Indikator, mit dem sich die Avanciertheit kulturwissenschaftlicher Forschungsvorhaben, Disziplinen und Programme ausweisen ließ. Ob Frankfurter Schule, Systemtheorie, Dekonstruktion, Poststrukturalismus, postcolonial– oder gender theory – bei Theorie handelte es sich stets um den Bruch mit dem Common Sense, um die Überschreitung klassischer Repertoires von Gelehrsamkeit, um ihre Politisierung und um die Infragestellung ihrer Formen.
Als lingua franca oder auch: progressive Universalpoesie der Geisteswissenschaften seit den 1960er Jahren erlaubte es Theorie, heterogene Phänomene zueinander in Bezug zu setzen und heterogene Disziplinen miteinander ins Gespräch zu bringen. Daher betrachteten ihre Gegner Theorie umgekehrt als den Ausverkauf von philologischem Handwerk, akribischer Quellenkenntnis oder interpretatorischem Einfühlungsvermögen kurz: als die Absage an die besten Traditionen ihrer jeweiligen Fächer.
Diese Konstellation mitsamt ihrem festgefügten Lagerdenken existiert heute offensichtlich nicht mehr. Infolge einer geistesgeschichtlichen Zäsur, deren Ursachen vom Ende des Kalten Krieges über den Siegeszug der digitalen Medien bis zum Aufstieg des neuen Rechtspopulismus reichen, ist die Evidenz von Theoriearbeit inner- wie außerhalb der Universität fragwürdig geworden. Darauf reagiert auf der einen Seite die Historisierung der Theorie. Als »Theoriegeschichte« formiert sich in den letzten Jahren ein neues Forschungsfeld, das der Entstehung, der Proliferation und den Wirkungen der Gattung Theorie nachgeht. Parallel zu diesem Unternehmen stellt sich in den Kulturwissenschaften auf der anderen Seite zugleich die Frage nach dem künftigen Theorieeinsatz.
Die Ringvorlesung am Institut für Kulturwissenschaft beabsichtigt, beide Perspektiven zusammenzuführen. Was war Theorie? Konstituiert sie tatsächlich ein diskursives Ereignis sui generis? Seit wann macht es Sinn, von Theorie (etwa im Gegensatz zu Philosophie) zu reden? Übernimmt sie das Pensum einer kritischen Philosophie? Und beraubt Historisierung Theorie notwendig ihres theoretischen Geltungsanspruchs, oder öffnet sie umgekehrt einen Zugang zu dessen Renovierung? Diesen und weiteren, verwandten Fragen wird die Ringvorlesung des Wintersemesters nachgehen. Historisierung, Theoretisierung und Zeitdiagnostik gehen dabei in jedem einzelnen Beitrag unterschiedliche Verbindungen ein.
Die Vorlesung findet montags, 18-20Uhr c.t. im Hörsaal 2002 des Hauptgebäudes, Unter den Linden 6 statt.
Fünfzig Jahre Theorie
Fünfzig Jahre, nachdem die Generation der Achtundsechziger sie vom Seminarraum auf die Straße brachte, befindet sich Theorie heute in einer Phase der Reflexion und der Selbstverständigung. Theorieeinsatz bildete lange Zeit den Indikator, mit dem sich die Avanciertheit kulturwissenschaftlicher Forschungsvorhaben, Disziplinen und Programme ausweisen ließ. Ob Frankfurter Schule, Systemtheorie, Dekonstruktion, Poststrukturalismus, postcolonial– oder gender theory – bei Theorie handelte es sich stets um den Bruch mit dem Common Sense, um die Überschreitung klassischer Repertoires von Gelehrsamkeit, um ihre Politisierung und um die Infragestellung ihrer Formen.
Als lingua franca oder auch: progressive Universalpoesie der Geisteswissenschaften seit den 1960er Jahren erlaubte es Theorie, heterogene Phänomene zueinander in Bezug zu setzen und heterogene Disziplinen miteinander ins Gespräch zu bringen. Daher betrachteten ihre Gegner Theorie umgekehrt als den Ausverkauf von philologischem Handwerk, akribischer Quellenkenntnis oder interpretatorischem Einfühlungsvermögen kurz: als die Absage an die besten Traditionen ihrer jeweiligen Fächer.
Diese Konstellation mitsamt ihrem festgefügten Lagerdenken existiert heute offensichtlich nicht mehr. Infolge einer geistesgeschichtlichen Zäsur, deren Ursachen vom Ende des Kalten Krieges über den Siegeszug der digitalen Medien bis zum Aufstieg des neuen Rechtspopulismus reichen, ist die Evidenz von Theoriearbeit inner- wie außerhalb der Universität fragwürdig geworden. Darauf reagiert auf der einen Seite die Historisierung der Theorie. Als »Theoriegeschichte« formiert sich in den letzten Jahren ein neues Forschungsfeld, das der Entstehung, der Proliferation und den Wirkungen der Gattung Theorie nachgeht. Parallel zu diesem Unternehmen stellt sich in den Kulturwissenschaften auf der anderen Seite zugleich die Frage nach dem künftigen Theorieeinsatz.
Die Ringvorlesung am Institut für Kulturwissenschaft beabsichtigt, beide Perspektiven zusammenzuführen. Was war Theorie? Konstituiert sie tatsächlich ein diskursives Ereignis sui generis? Seit wann macht es Sinn, von Theorie (etwa im Gegensatz zu Philosophie) zu reden? Übernimmt sie das Pensum einer kritischen Philosophie? Und beraubt Historisierung Theorie notwendig ihres theoretischen Geltungsanspruchs, oder öffnet sie umgekehrt einen Zugang zu dessen Renovierung? Diesen und weiteren, verwandten Fragen wird die Ringvorlesung des Wintersemesters nachgehen. Historisierung, Theoretisierung und Zeitdiagnostik gehen dabei in jedem einzelnen Beitrag unterschiedliche Verbindungen ein.
Die Vorlesung findet montags, 18-20Uhr c.t. im Hörsaal 2002 des Hauptgebäudes, Unter den Linden 6 statt.