»[W]as gibt ein Schiff […] nicht für weite Sphären zu denken! […] Wo ist das feste Land, auf dem ich so feste stand? […] Der enge, feste, eingeschränkte Mittelpunkt ist verschwunden […][.] Welche neue Denkungsart!« Nicht nur Johann Gottfried Herder sieht sich 1769 in seinem Reisejournal als »Philosoph auf dem Schiffe« auch Goethe notiert 1787 in sein Tagebuch der Italienischen Reise: »Hat man sich nicht ringsum vom Meer umgeben gesehen, so hat man keinen Begriff von Welt und von seinem Verhältnis zur Welt«. Die Prozesse der Globalisierung und die vermehrten nautischen Reisebewegungen lösen gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Frage nach einem neuen, maritimen Standpunkt des Denkens aus.
Die Erfahrung des Schwankens alter Ordnungen, der Verlust der alten Buchgewissheiten und die Erlangung neuer empirischer Kenntnisse, die ständige Gefahr des Scheiterns aber auch die erfolgreiche Landung an den Ufern neuer Welten, die Entdeckung fremder Umwelten, Kulturen, Sitten und Denkweisen, der Tausch, die Ausbeutung und der Transfer von Wissen, Gütern, Menschen, Tieren und Pflanzen, all dies sind nur einige Aspekte, die sich im Denken der neuen »ozeanischen Wahrheiten« (Peter Sloterdijk) wiederfinden. Die neuzeitlichen Expeditions-, Kriegs- und Handelsfahrten treiben nicht nur eine »Verwestlichung« der Welt voran, sondern sie sind gleichermaßen Ausgangspunkt eines »Blicks aus der Ferne« (Lévi-Strauss) unter dem die vertraute Ordnung und Verortung der Welt in Frage stehen.
Im Seminar soll den Umrissen und der Aktualität eines solchen maritimen Denkens anhand der Schriften des Weltreisenden, Revolutionärs und Homme de lettres Georg Forster nachgegangen werden. Hierzu werden wir ausgehend von seiner Reise um die Welt seine späteren kleinen Schriften zur Naturkunde, zur Anthropologie und Geschichte, Ästhetik und Politik einer eingehenden kulturwissenschaftlichen Lektüre unterziehen.
Georg Forster. Lektüren eines maritimen Denkens
»[W]as gibt ein Schiff […] nicht für weite Sphären zu denken! […] Wo ist das feste Land, auf dem ich so feste stand? […] Der enge, feste, eingeschränkte Mittelpunkt ist verschwunden […][.] Welche neue Denkungsart!« Nicht nur Johann Gottfried Herder sieht sich 1769 in seinem Reisejournal als »Philosoph auf dem Schiffe« auch Goethe notiert 1787 in sein Tagebuch der Italienischen Reise: »Hat man sich nicht ringsum vom Meer umgeben gesehen, so hat man keinen Begriff von Welt und von seinem Verhältnis zur Welt«. Die Prozesse der Globalisierung und die vermehrten nautischen Reisebewegungen lösen gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Frage nach einem neuen, maritimen Standpunkt des Denkens aus.
Die Erfahrung des Schwankens alter Ordnungen, der Verlust der alten Buchgewissheiten und die Erlangung neuer empirischer Kenntnisse, die ständige Gefahr des Scheiterns aber auch die erfolgreiche Landung an den Ufern neuer Welten, die Entdeckung fremder Umwelten, Kulturen, Sitten und Denkweisen, der Tausch, die Ausbeutung und der Transfer von Wissen, Gütern, Menschen, Tieren und Pflanzen, all dies sind nur einige Aspekte, die sich im Denken der neuen »ozeanischen Wahrheiten« (Peter Sloterdijk) wiederfinden. Die neuzeitlichen Expeditions-, Kriegs- und Handelsfahrten treiben nicht nur eine »Verwestlichung« der Welt voran, sondern sie sind gleichermaßen Ausgangspunkt eines »Blicks aus der Ferne« (Lévi-Strauss) unter dem die vertraute Ordnung und Verortung der Welt in Frage stehen.
Im Seminar soll den Umrissen und der Aktualität eines solchen maritimen Denkens anhand der Schriften des Weltreisenden, Revolutionärs und Homme de lettres Georg Forster nachgegangen werden. Hierzu werden wir ausgehend von seiner Reise um die Welt seine späteren kleinen Schriften zur Naturkunde, zur Anthropologie und Geschichte, Ästhetik und Politik einer eingehenden kulturwissenschaftlichen Lektüre unterziehen.
Abbildung: William Byrne, A View of Karakooa, in Owyhee (Ausschnitt), Radierung nach John Webber, 1784. © Trustees of the British Museum