Körper des Gestischen

Workshop am Lehr- und Forschungsbereich Kulturtheorie und Kulturwissenschaftliche Ästhetik

In der Kulturwissenschaft hat sich zuletzt eine Perspektivverschiebung von der Geste hin zum Gestischen vollzogen und dabei programmatische Vorschläge zu einem Gestisch-Werden von Philosophie (Goppelsröder 2014) und Forschung (Darian/Smit 2019) hervorgebracht. Im Vordergrund steht dabei nicht länger die Analyse von Gesten in ihren semantischen Gehalten, sondern „Gestisches als Vorgang und Prozess, als Disposition und Haltung“ (ebd., 9) – mithin das, was an der Geste nicht intendiert oder appropriiert werden kann (Ricco 2014), was flüchtig und unbeendet bleibt (Muñoz 2009) und sich trotzdem artikuliert und Beziehungen zu stiften vermag (Rodríguez 2014). In diesem Workshop möchten wir nach dem Ort des Körpers in einem solchen Denken des Gestischen fragen – und dabei die Potentiale des Gestischen für unsere eigenen materialorientierten, theoretischen und historischen Forschungen zum Körper diskutieren. Wir gehen davon aus, dass die gestischen Potentiale des Körpers sich nicht in der Geste – ihrer Zeichenhaftigkeit oder intentionalen Ausführung – erschöpfen. Mit dem Gestischen richtet sich der Blick vielmehr auf konkrete aisthetische, literarische, künstlerische und theoretische Vollzugsformen, in denen die Rolle und Position des Körpers immer wieder aufs Neue auf die Probe gestellt wird. Was hieße es demnach, den Körper vom Gestischen her zu denken? Welche Körper tauchen in gestischen Vollzügen auf? Was wären die Körper des Gestischen in Differenz zu den Gesten des Körpers? Diesen Fragen möchten wir ausgehend von Theoriefragmenten, Materialeinblicken oder historischen Fallstudien nachgehen, die die Teilnehmenden aus ihren eigenen wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit Fragen des Körpers einbringen und in einem gesprächs- und fragenorientierten Workshop diskutieren möchten.

Der Workshop findet vom 25.–26. Oktober 2024 am Institut für Kulturwissenschaft statt. Für das Programm und die Anmeldung wenden Sie sich bitte per E-Mail an Waldemar Isak (waldemar.isak@hu-berlin.de).

Mit Beiträgen von Holger Brohm, Iris Därmann, Georg Dickmann, Vanessa Franke, Anna Gien, Fiona Hanley, Waldemar Isak, Sophia Lohmann, Silvia Mazzini und Jasmin Mersmann.


Referenzen:

Veronika Darian/Peer de Smit: „Gestische Forschung – Praktiken und Perspektiven. Eine Einführung“, in: Dies. (Hrsg.): Gestische Forschung. Praktiken und Perspektiven. Berlin 2019, S. 9–31.

Fabian Goppelsröder: „Zwischen Konzept und Phänomen. Die Geste als Denkfigur“, in: Ulrich Richtmeyer/ders./Toni Hildebrandt (Hrsg.): Bild und Geste. Figurationen des Denkens in Philosophie und Kunst. Bielefeld 2014, S. 203–214.

José Esteban Muñoz: Cruising Utopia. The Then and There of Queer Futurity. New York/London 2009.

John Paul Ricco: The Decision Between Us. Art and Ethics in the Time of Scenes. London 2014.

Juana María Rodríguez: Sexual Futures, Queer Gestures, and Other Latina Longings. New York 2014.