Humboldt-Universität zu Berlin – Institut für Kulturwissenschaft
ZAD de Notre-Dame-des-Landes, 2018
Natur – Kultur – Ökologien
Eine Einführung, Wintersemester 2019/20
„Natur“ ist sicherlich einer der geläufigsten Gegenbegriffe zum zentralen Begriff der Kulturwissenschaft, nämlich „Kultur“. Dabei ist oft gar nicht so klar, was „Natur“ und „Kultur“ je genau meinen, wo ihr Unterschied und ihre Grenze gezogen werden sollen und auf welcher Seite diese Grenze selbst eigentlich verortet wird. So wird gegenwärtig intensiv über die “kulturellen” Ursachen des Klimawandels diskutiert, die Frage nach der Kulturfähigkeit anderer als menschlicher Spezies und Kollektive, die man lange der “Natur” zugeschlagen hatte, erscheint uns nicht mehr allzu abwegig und die Umweltanthropologie hat seit den 80er Jahren mehr und mehr die Gewissheit gewonnen, dass für andere „Kulturen“ der Unterschied zwischen Natur und Kultur durchaus eine andere wenn nicht gar keine Bedeutung hat. Die Beziehungen zwischen “Natur” und “Kultur” scheinen also gegenwärtig und nicht zuletzt vor dem Hintergrund dringender ökologischer Fragen äußerst fragwürdig.
Ausgehend davon werden wir in diesem einführenden Seminar eine gewisse Skepsis und fremde Perspektive dem gegenüber einzunehmen versuchen, was wir immer schon bereits über Natur und Kultur und ihre Beziehungen zu wissen glauben. In diesem Sinne wollen wir an konkreten und exemplarischen Texten und Gegenständen genau nachfragen, wo die Grenze von Natur und Kultur jeweils verläuft, wenn sie denn überhaupt auftaucht. Verläuft sie am Rande des Dorfes, dort wo der Wald beginnt? Ist die Grenze von Natur und Kultur identisch mit dem Horizont Europas und der westlichen Welt? Trennt sie Götter, Menschen und Tiere und falls ja, wie eigentlich genau? Durchzieht sie gar das Innere von Maschinen? Haben Geister oder auch Tiere „Kultur“? Meint Kultivierung eigentlich geistige Arbeit oder Feldarbeit? Hat sie etwas mit dem Garwerden von etwas Rohem zu tun? Und wann ist man eigentlich nicht mehr roh, sondern kultiviert oder gar zivilisiert? Ist Kultivierung männlich oder weiblich? Und nicht zuletzt: was meint man eigentlich mit dem durchaus verwirrenden Satz, dass die „Kultur“ die „Natur“ des Menschen sei?
Abbildung: ZAD de Notre-Dame-des-Landes, 2018, Quelle: CrimethInc, Link.
Natur – Kultur – Ökologien
„Natur“ ist sicherlich einer der geläufigsten Gegenbegriffe zum zentralen Begriff der Kulturwissenschaft, nämlich „Kultur“. Dabei ist oft gar nicht so klar, was „Natur“ und „Kultur“ je genau meinen, wo ihr Unterschied und ihre Grenze gezogen werden sollen und auf welcher Seite diese Grenze selbst eigentlich verortet wird. So wird gegenwärtig intensiv über die “kulturellen” Ursachen des Klimawandels diskutiert, die Frage nach der Kulturfähigkeit anderer als menschlicher Spezies und Kollektive, die man lange der “Natur” zugeschlagen hatte, erscheint uns nicht mehr allzu abwegig und die Umweltanthropologie hat seit den 80er Jahren mehr und mehr die Gewissheit gewonnen, dass für andere „Kulturen“ der Unterschied zwischen Natur und Kultur durchaus eine andere wenn nicht gar keine Bedeutung hat. Die Beziehungen zwischen “Natur” und “Kultur” scheinen also gegenwärtig und nicht zuletzt vor dem Hintergrund dringender ökologischer Fragen äußerst fragwürdig.
Ausgehend davon werden wir in diesem einführenden Seminar eine gewisse Skepsis und fremde Perspektive dem gegenüber einzunehmen versuchen, was wir immer schon bereits über Natur und Kultur und ihre Beziehungen zu wissen glauben. In diesem Sinne wollen wir an konkreten und exemplarischen Texten und Gegenständen genau nachfragen, wo die Grenze von Natur und Kultur jeweils verläuft, wenn sie denn überhaupt auftaucht. Verläuft sie am Rande des Dorfes, dort wo der Wald beginnt? Ist die Grenze von Natur und Kultur identisch mit dem Horizont Europas und der westlichen Welt? Trennt sie Götter, Menschen und Tiere und falls ja, wie eigentlich genau? Durchzieht sie gar das Innere von Maschinen? Haben Geister oder auch Tiere „Kultur“? Meint Kultivierung eigentlich geistige Arbeit oder Feldarbeit? Hat sie etwas mit dem Garwerden von etwas Rohem zu tun? Und wann ist man eigentlich nicht mehr roh, sondern kultiviert oder gar zivilisiert? Ist Kultivierung männlich oder weiblich? Und nicht zuletzt: was meint man eigentlich mit dem durchaus verwirrenden Satz, dass die „Kultur“ die „Natur“ des Menschen sei?
Abbildung: ZAD de Notre-Dame-des-Landes, 2018, Quelle: CrimethInc, Link.