Ästhetische Verfahren als Epistemologien ›sauberer‹ Folter im ›global war on terror‹
›Saubere‹ Folter zielt auf die anhaltende Qual, Regression und Traumatisierung ihrer Opfer, ohne in der Folge selbst rekonstruiert, glaubhaft bezeugt oder vorgestellt werden zu können. Sie macht leiden durch spurenarme Vorrichtungen wie ›Waterboards‹ oder die Gestaltung lebensfeindlicher Umwelten wie Isolationszellen, Kälte oder extremer Geräuschkulissen. So wendet sie die konstitutive Offenheit menschlicher Wahrnehmung, Sensibilität und Sozialität als Instrumente der Folter gegen sie selbst. Während diese Folter noch in ihrem Erscheinen zu verschwinden trachtet (C. Hilbrand), terrorisiert sie gleichsam durch ihre ausgestellte Sichtbarkeit ganze Bevölkerungen in der stellvertretenden Brechung einzelner Leiber.
Das Dissertationsvorhaben als Epistemologie der Gestaltungsweisen und Medien ›sauberer‹ Folter tritt einerseits ihrer Unterbelichtung entgegen, indem juristische, journalistische, militärbürokratische und autobiographische Dokumente des ›global war on terror‹ einer aisthetisch sensibilisierten Lektüre unterzogen werden, die achtgibt auf ephemere Gewalttechniken wie Lichtarrangements, exzessive Sichtbarmachungen oder Drohungsszenarien.
Diese Rekonstruktionen werden andererseits konstelliert mit einer Analyse der spezifischen Erkenntnisweise und Performativität von kontemporären ästhetischen Verfahren und Künsten, deren besondere Erschließungskraft begründet ist eben durch die aisthetische Vorgehensweise gegenwärtiger US-amerikanischer Folter. Formate wie Reenactments, Appropriationen oder investigative Narrationen produzieren ein irreduzibel eigenes und anderes Wissen über die epistemisch schwer zugängliche Foltergewalt; gleichsam drohen sie als Akteure einer weiteren Visibilisierungsschleife die terrorisierende Wirkung der Folter zu multiplizieren, Opfer erneut zu beschämen und ihr Leiden unerlöst zu speichern.
Wie haben, im Angesicht staatlicher Thanatopolitiken globalen Ausmaßes, ästhetische und künstlerische Verfahren auf das Leiden der Verschleppten, Gefolterten, Getöteten geantwortet? Wie haben sie wiederum auf Seiten der Macht die Gewalt noch informiert, affiziert oder gerechtfertigt? Wie haben die Folter-Überlebenden selbst ästhetische Verfahren genutzt um für sich selbst und ihre Mitgefangenen Zeugnis abzulegen? In welchem Verhältnis stehen Epistemologie, Ethik und Ästhetik in einer sozialen und symbolischen Antwort auf Folter zueinander?
Angestrebt wird eine wechselseitige Befragung von historischen, forensischen und ästhetischen Verfahren, um schließlich eine Kritik der impliziten und subtilen Teilhabe kultureller Formationen an der Gewalt ›sauberer‹ Folter und ihrer fortwährenden Marginalisierung artikulieren zu können.
Diese Rekonstruktion wird gespiegelt durch eine Analyse der spezifischen Epistemologie und Performanz von Inszenierungen spurenarmer Folter in den kontemporären euro-amerikanischen Künsten. Denn der aisthetische Modus moderner Folter begründet eine besondere Erschließungskraft ästhetischer Verfahren ihm gegenüber. Gezeigt werden soll, inwieweit gerade Künste die flüchtige und konspirative Gewalt aisthetisierter Folter (re-)konstruiert und skandalisiert haben und somit nicht bloß als Fiktionen, sondern ebenso als sinnliche Experimente zu verstehen sind. Es ist nachzuzeichnen, wie die Dissemination von Folterszenen öffentliche Diskurse initiiert, unterdrückt oder gerahmt hat; wie sie gerade durch die massenwirksame Fehlrepräsentation von Folterpraktiken an deren impliziten Legitimation oder diskursiven Verunsichtbarung teilgehabt hat, und inwieweit sich tatsächliche Folterpraktiken von ihr haben informieren oder affizieren lassen.
Ästhetische Verfahren als Epistemologien ›sauberer‹ Folter im ›global war on terror‹
›Saubere‹ Folter zielt auf die anhaltende Qual, Regression und Traumatisierung ihrer Opfer, ohne in der Folge selbst rekonstruiert, glaubhaft bezeugt oder vorgestellt werden zu können. Sie macht leiden durch spurenarme Vorrichtungen wie ›Waterboards‹ oder die Gestaltung lebensfeindlicher Umwelten wie Isolationszellen, Kälte oder extremer Geräuschkulissen. So wendet sie die konstitutive Offenheit menschlicher Wahrnehmung, Sensibilität und Sozialität als Instrumente der Folter gegen sie selbst. Während diese Folter noch in ihrem Erscheinen zu verschwinden trachtet (C. Hilbrand), terrorisiert sie gleichsam durch ihre ausgestellte Sichtbarkeit ganze Bevölkerungen in der stellvertretenden Brechung einzelner Leiber.
Das Dissertationsvorhaben als Epistemologie der Gestaltungsweisen und Medien ›sauberer‹ Folter tritt einerseits ihrer Unterbelichtung entgegen, indem juristische, journalistische, militärbürokratische und autobiographische Dokumente des ›global war on terror‹ einer aisthetisch sensibilisierten Lektüre unterzogen werden, die achtgibt auf ephemere Gewalttechniken wie Lichtarrangements, exzessive Sichtbarmachungen oder Drohungsszenarien.
Diese Rekonstruktionen werden andererseits konstelliert mit einer Analyse der spezifischen Erkenntnisweise und Performativität von kontemporären ästhetischen Verfahren und Künsten, deren besondere Erschließungskraft begründet ist eben durch die aisthetische Vorgehensweise gegenwärtiger US-amerikanischer Folter. Formate wie Reenactments, Appropriationen oder investigative Narrationen produzieren ein irreduzibel eigenes und anderes Wissen über die epistemisch schwer zugängliche Foltergewalt; gleichsam drohen sie als Akteure einer weiteren Visibilisierungsschleife die terrorisierende Wirkung der Folter zu multiplizieren, Opfer erneut zu beschämen und ihr Leiden unerlöst zu speichern.
Wie haben, im Angesicht staatlicher Thanatopolitiken globalen Ausmaßes, ästhetische und künstlerische Verfahren auf das Leiden der Verschleppten, Gefolterten, Getöteten geantwortet? Wie haben sie wiederum auf Seiten der Macht die Gewalt noch informiert, affiziert oder gerechtfertigt? Wie haben die Folter-Überlebenden selbst ästhetische Verfahren genutzt um für sich selbst und ihre Mitgefangenen Zeugnis abzulegen? In welchem Verhältnis stehen Epistemologie, Ethik und Ästhetik in einer sozialen und symbolischen Antwort auf Folter zueinander?
Angestrebt wird eine wechselseitige Befragung von historischen, forensischen und ästhetischen Verfahren, um schließlich eine Kritik der impliziten und subtilen Teilhabe kultureller Formationen an der Gewalt ›sauberer‹ Folter und ihrer fortwährenden Marginalisierung artikulieren zu können.
Diese Rekonstruktion wird gespiegelt durch eine Analyse der spezifischen Epistemologie und Performanz von Inszenierungen spurenarmer Folter in den kontemporären euro-amerikanischen Künsten. Denn der aisthetische Modus moderner Folter begründet eine besondere Erschließungskraft ästhetischer Verfahren ihm gegenüber. Gezeigt werden soll, inwieweit gerade Künste die flüchtige und konspirative Gewalt aisthetisierter Folter (re-)konstruiert und skandalisiert haben und somit nicht bloß als Fiktionen, sondern ebenso als sinnliche Experimente zu verstehen sind. Es ist nachzuzeichnen, wie die Dissemination von Folterszenen öffentliche Diskurse initiiert, unterdrückt oder gerahmt hat; wie sie gerade durch die massenwirksame Fehlrepräsentation von Folterpraktiken an deren impliziten Legitimation oder diskursiven Verunsichtbarung teilgehabt hat, und inwieweit sich tatsächliche Folterpraktiken von ihr haben informieren oder affizieren lassen.
Abbildung: Mohamed Ben Soud/Shoroeiya: Zeichnung einer Holzbox mit den Maßen 90 x 90cm, in welche er in einer US-amerikanischen Black Site gesperrt wurde, © 2012 Mohammed Shoroeiya. Zuerst veröffentlicht in: Human Rights Watch-Report ‚Delivered Into Enemy Hands‘ (2012), Link.